Montag, 17. August 2009

schimmlige sicherheiten

Dass Parmesan in der norditalienischen Region Emilia Romagna als Kreditsicherungsmittel dient, bewegte in den letzten Tagen Nachrichtensendungen und Magazine. Focus, ARD und yahoo beispielsweise verkauften fast wortgleich die Kredite an Käsehersteller vergebende Bank Credito Emiliano als Sensation. Aber so verblüffend ist der Vorgang historisch und juristisch nicht: „Parmesan-Käse wird seit dem Mittelalter für Finanzgeschäfte verwendet, sagt Leo Bertozzi, Chef des italienischen Parmesan-Herstellerverbandes. Die Bank habe zwar erwogen, Prosciutto-Schinken und Olivenöl als Sicherheiten zu verwenden, sagt William Bizzarri, der für den Käse zuständige Bankmanager. Doch diese Produkte seien schwerer zu lagern und markieren. Es ist auch einfacher, sie zu stehlen oder auszutauschen, so Bizzarri.“ Und auch in Deutschland wäre es theoretisch denkbar, Käse als Sicherungsmittel zu nutzen. Denn Lebensmittel sind Sachen und unterliegen als solche selbstverständlich dem für Sachen geltenden Recht. Es spricht also nichts dagegen, Parmesan zur Sicherheit zu übereignen oder zu verpfänden.

Dennoch finden kulinarisch meist zurückhaltend lebende Deutsche wahrscheinlich erstaunlich, dass simple Milchprodukte dem Wert eines Kredites entsprechen sollen. Der geschützte Parmigiano-Reggiano aus der Region ist aber nicht irgendein Käse: Die Bank Credito Emiliano lagert über 440.000 Käseräder mit einem Wert von 132 Millionen Euro. Jedes der 40 Kilogramm schweren Käseräder ist rund 300 Euro wert und kann im Fall eines Diebstahls dank eines Brandzeichens zurückverfolgt werden.

Verwunderlich ist zugegebenermaßen, warum sich ein Banker um Käse kümmern soll. Denn übereignet ein Käsehersteller der Bank den Käse zur Sicherheit, bliebe dieser weiterhin im Besitz des Käses und er könnte sich weiterhin ungestört des Käses annehmen. Bei einer Verpfändung dagegen müsste der Besitz am Käse an die Bank wechseln. Und für eine auf andere Geschäfte spezialisierte Bank, so meint man, ist es zu teuer den Reifeprozess zu überwachen. Aber in Italien scheint dies kein Problem zu sein: Credito Emiliane vertraut den Reifeprozess der zu dem Zweck eingerichtete Tochtergesellschaft Magazzini Generali delle Tagliate (M.G.T.) an, die die Räder mehrfach in der Woche dreht. Und wenn sämtliche Käsehersteller Kredite bei dieser Bank in Anspruch nehmen und auf diese Art die Überwachung des Reifeprozesses in der Region fast ausschließlich M.G.T. zuständig ist, wäre die Bank der wirkliche Käse-Spezialist. Diese Bündelung ist dann auch günstig für den Käsehersteller, dessen Kreditzinsen unter den eigenen Herstellungskosten liegt. Oder die Bank müsste andernfalls die Käsehersteller beaufsichtigen, was noch kostspieliger sein kann, als sich direkt des Käses anzunehmen. Jedenfalls scheint es für die Beteiligten ein funktionierendes Wirtschaftsmodell zu sein.

Das lässt sich also alles wunderbar erklären: Parmesan ist Millionen wert und die Bank arbeitet effizienter als ein Käsehersteller. Schimmlige Sicherheiten sind gar nicht so undenkbar wie es scheint und löchrig ist nur der Nachrichtensommer.

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